Die Neurofeedback-Methode nach Othmer

In eigener Sache

Seit mehr als 15 Jahren wendet meine Frau Liselotte Rittmeyer das Neurofeedback-System Cygnet erfolgreich in ihrer Praxis für Ergotherapie und Neurofeedback an, während ich (René Bucher) erst vor einigen Jahren als Neurofeedback-Trainer und Chemiker dazu gestossen bin. Leider müssen wir altersbedingt etwas kürzer treten, weshalb wir nur noch eine stark reduzierte Zahl von Klienten betreuen werden. Die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit dem Hersteller der Neurofeedback-Systeme BEE Medic wird jedoch unverändert fortgeführt. Trotzdem möchten wir Ihnen die Theorie zur Neurofeedback-Methode nach Othmer nicht vorenthalten, da wir überzeugt sind, dass sie in therapeutischen Prozessen, seien es stationäre oder ambulante, einen festen Platz einnehmen sollte.

Weshalb Therapien mit Neurofeedback begleiten?

Neurofeedback ist eine therapeutische Methode, die nichtinvasiv ist, ohne Medikamente arbeitet und deren Funktionsweise mit Hilfe von Theorien komplexer dynamischer Systeme erklärt werden kann. In allen drei Punkten unterscheidet sich der Ansatz von jenem der klassischen Medizin und Psychiatrie, bei welchen Pharmaka einen hohen Stellenwert einnehmen. Insbesondere die Anwendung der Theorien komplexer dynamischer Systeme – oft auch als Selbstorganisationstheorien bezeichnet -, stellt einen interessanten Perspektivenwechsel dar, der leider erst vereinzelt in der Medizin und Psychiatrie vollzogen wird. Anmerkung: In Kapitel 7 „Das Hirn ein Rhythmusorgan?“ wird ganz kurz, in der Seminararbeit ausführlicher auf Selbstorganisationstheorien eingegangen.

Gerade dort, wo der klassische Ansatz an seine Grenzen stösst wie bei multimorbiden Patienten, sind Methoden, welche die Fähigkeit zur Selbstorganisation fördern, eine interessante Alternative. Die ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit und Hyperaktivitätsstörung) ist eines von vielen Beispielen, die häufig medikamentös behandelt wird (Ritalin) und bei welcher Komorbiditäten eher die Regel als die Ausnahme sind, z.B. Depressionen, Suchtstörungen, Schlafstörungen, Angststörungen, bipolare Störungen, Tics, etc. Dass der klassische Ansatz bei Patienten mit Multimorbiditäten viele Fragen offen lassen muss, sollen Auszüge aus einem Artikel vom 13. Januar 2018 mit dem Titel „Le défi des patients multimorbides“ der Tageszeitung „Le Temps“ verdeutlichen:

„Eine der grössten Herausforderungen der heutigen Medizin ist, wie chronische Krankheiten und Komorbiditäten, deren Häufigkeit im Alter überproportional zunimmt, adäquat behandelt werden sollen. Dazu zählen Krankheiten wie Diabetes, Kreislauferkrankungen, Demenz, Depressionen, Atemwegserkrankungen, osteoartikuläre Erkrankungen, etc..

Patienten mit Multimorbiditäten bedingen komplexe Behandlungen mit Medikamenten, die aber oft für zahlreiche Wechselwirkungen verantwortlich sind, Komplikationen hervorrufen und eine Hospitalisierung notwendig machen. Bei mehr als 5 simultan eingenommenen Medikamenten ist eine Kontrolle der sekundären Effekte nicht mehr möglich (Nicolas Rotondi, Chefmediziner Inselspital).

In der Schweiz werden bis zum 60-sten Altersjahr etwa bei 40% der hospitalisierten Personen mindestens drei sekundäre Diagnosen festgestellt. Im Alter zwischen 70 und 80 Jahren liegt der Wert bei 65% mit mehr als drei sekundären Diagnosen. Im Durchschnitt sind 20 bis 30% der Bevölkerung von Multimorbiditäten betroffen. Multimorbide Patienten werden von der Forschung trotz der grossen Anzahl vernachlässigt. 63% der Studien, welche die Wirksamkeit einer Behandlung nachweisen, betrafen ausschliesslich Personen, die nur eine Krankheit hatten und von denen man annimmt, dass die Vorteile gegenüber den Nebeneffekten überwiegen. Dabei werden die multimorbiden Patienten systematisch ausgeklammert, weil der Gesundheitsgewinn von der pharmazeutischen Industrie schwieriger zu evaluieren ist.

Das Schweizer Gesundheitssystem erweist sich als schlecht adaptiert betreffend der Komplexizität von Patienten mit Multimorbiditäten. Wegen der grossen Fragmentierung des Gesundheitssystems aufgrund von isoliert arbeitenden Spezialisten, multipliziert sich die Zahl der Konsultationen bei verschiedenen Medizinern, die kaum mehr eine globale Vorstellung vom Zustand des Patienten erlangen können. Dieser Mangel an Kontinuität führt zu vermehrten Fehlentscheidungen und verbraucht Ressourcen beim Gesundheitssystem, personell und finanziell. In den USA hat ein Patient mit einer chronischen Erkrankung durchschnittlich bei vier verschiedenen Ärzten Konsultationen, bei 5 Morbiditäten steigt die Zahl auf 14 (Nicolas Rodondi, Leiter Medizin Inselspital)! Es ist dringend notwendig, neue Wege zu finden und die gegenwärtige Kultur fundamental zu ändern (Mauro Poggia, Gesundheitsberater Kanton Genf). Es braucht eine bessere Koordination mit interprofessionellen Teams, um den Informationsfluss zu verbessern. Dabei müssen die Bedürfnisse des Patienten im Zentrum des Fokus‘ stehen und nicht die Pathologie (Nicolas Senn, CHUV).“

Soweit die Botschaft des Artikels im „Le Temps“. Zwar ist die Empfehlung lobenswert – und sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein –, dass der multimorbide Patient als Ganzes in den Blick genommen werden soll, und zwar als komplexes bio-psycho-soziales Individuum. Als Lösung wird ein besserer Informationsaustausch unter den Experten vorgeschlagen, und zwar vor allem deswegen, weil die gleichzeitige Einnahme von mehreren Medikamenten zu unkontrollierten Effekten führt. Doch auch bei einem verbesserten gegenseitigen Informationsaustausch werden sich die Ärzte/Spezialisten mit diesem Problem der negativen Wechselwirkungen von Medikamenten konfrontiert sehen. Das ist aber DAS zentrale Problem! Bei vielen morbiden Patienten ist zurzeit eine „Kosten-Nutzen-Abwägung“ von Nebenwirkungen und gewollten Wirkungen der einzig gangbare Weg.

Zurück zu den komplexen dynamischen Systemen, zu denen auch der Mensch gezählt wird. Komplexen dynamischen Systemen immanent ist die nichtlineare Wechselwirkung von Elementen (Medikamente, Organe, etc.), was bedeutet, dass bereits bei zwei Medikamenten davon ausgegangen werden muss, dass eine Voraussage schwierig ist! Hier ist die klassische Medizin mit ihrem linearen, additiven und auf Kausalität beruhenden Paradigma gefordert (Kapitel 7 und Seminararbeit). Ein völlig anderer Ansatz wählt die Neurofeedback-Methode nach Othmer, die auf Selbstorganisationskonzepte abstützt und daher Linderung bei einem sehr breiten Spektrum von Symptomen bewirken kann, oft verbunden mit einer Reduktion der Dosierung von Medikamenten, in manchen Fällen sogar mit deren Absetzung (z.B. Ritalin, Schlafmittel, Beruhigungsmittel, Antidepressiva).

Gerade weil die Neurofeedback-Methode nach Othmer (NFB) auf die Förderung der Selbstorganisationfähigkeit abzielt, nicht invasiv ist, weniger auf Pathologien fokussiert ist (sondern auf das Erreichen einer neurologischen Balance), auf der unbewussten Ebene arbeitet (im Gegensatz zu bewusstseinslastigen Therapien), ist sie in verschiedenen Kliniken zu einem wichtigen Therapiebaustein geworden.

Prinzip der Neurofeedback-Methode nach Othmer (NFB)

Neurofeedback ist eine computergestützte Trainingsmethode, bei welcher die mit EEG-Elektroden (Abb. 1) gemessenen Hirnaktivitäten dem Patienten über mehrere Sinneskanäle – visuell, auditiv und/oder taktil – zurückgemeldet werden.

Abb. 1: Zur Steuerung wird die Differenz der Potentiale von zwei Arbeitselektroden benötigt (über aktivem Hirnarealen). Deren fluktuierenden Potentiale werden je gegen ein „stabiles“ Potential gemessen (Elektrode an Ohrläppchen).

Das Hirn des Klienten ist dabei in die Feedbackschlaufe eingebunden:

Neuronale Hirnaktivitäten –> Potentiale von EEG-Elektroden –> Verstärkung und Verarbeitung nach bestimmten Algorithmen (Schwellenwerte, Filterfunktionen) –> Steuerung visueller, auditiver, taktiler Stimuli –> Wahrnehmung –> neuronale Aktivitäten –> usw. (Abb. 2). Es stellen sich dabei mehrere Fragen:

  • Bei welchen Symptomen kann die Neurofeedback-Methode Linderung bewirken?
  • Welche Funktion hat das Hirn?
  • Wann funktioniert das Hirn nicht optimal?
  • Was passiert, wenn dem Hirn über die Sinneskanäle die eigenen neuronalen Aktivitäten zurückgemeldet werden?
  • Auf welche Art und Weise soll das geschehen und was ist das Spezielle an der Neurofeedback-Methode nach Othmer?
  • Welche Trainingsdesigns stehen im Vordergrund?
  • Das Hirn ein Rhythmus-Organ?
  • Weshalb ist die Kombination der NFB mit einem Prozessmonitoring für Therapien sinnvoll (synergetisches Navigationssystem SNS)?

Abb. 2: Hirn eines Klienten in einer Feedback-Schlaufe eingebunden 1)http://www.eeginfo-neurofeedback.de/neurofeedback/was-ist-neurofeedback/othmerverfahren.html

1. Bei welchen Symptomen kann die Neurofeedback-Methode Linderung bewirken?

Eine Neurofeedbackbehandlung kann bei einer Vielzahl von Störungen hilfreich sein. Dazu gehören u.a. Angststörungen, deren Häufigkeit in den letzten Jahren dramatisch zugenommen und das Niveau der Depressionen erreicht hat, Aufmerksamkeits-störungen (ADS/ADHS), Autismus, Depression, Epilepsie, Migräne, Schlafstörungen. In wissenschaftlichen Studien konnte gezeigt werden, dass mit einer Neurofeedback-Behandlung von ADS/ADHS vergleichbare Resultate erzielt werden können wie mit dem Medikament Methylphenidat, auch bekannt als Ritalin, und zudem noch nachhaltig wirkt.

Bei Patienten, die wegen spezifischer Störungen Medikamente einnehmen, kann – wie bereits oben erwähnt – durch die Neurofeedback-Behandlung eine Reduktion der Medikamentendosis oder gar ein Absetzen der Medikamente angezeigt sein.

Neben der eher medizinischen Anwendung wird Neurofeedback auch für Tiefenentspannung und Meditation, bei alternden Menschen und zur Leistungssteigerung  (Peak Performance Training) eingesetzt.  Ein Beispiel ist der Toggenburger Schanzenspringer und Goldmedaillengewinner Simon Ammann. Fast jedes Hirn, unabhängig davon in welchem Ausgangszustand es sich befindet, kann zu besserer Funktion trainiert werden.

Die Anzahl Therapien richtet sich nach dem Schweregrad und Art der Symptome.

Das breite Spektrum der Einsatzmöglichkeiten der Neurofeedback-Methode nach Othmer mag überraschen. Doch eine  Beschäftigung mit der aus empirischen Befunden entwickelten Methode macht deutlich, dass eine Sichtweise eingenommen wird, die weniger auf die im ICD10 oder DSM5 definierten spezifischen Pathologien abstützt, sondern allgemein auf die Herstellung einer Balance der erregenden und inhibierenden Neuronen, die wesentlich durch das Arousal bestimmt werden (vgl. Kapitel 3). Eine Verbesserung dieser Balance hat weitreichende Auswirkungen auf alle Verhaltens-, Denk- und Emotionsmuster.

2. Welche Funktion hat das Hirn?

Primäre Aufgabe des Hirns ist, adaptiv auf Umwelt- und Körperreize zu reagieren um hohe Überlebenschancen zu ermöglichen. Dies erreicht das Hirn, indem es sich wie eine Prognostizier-Bestätigungs-„Maschine“ verhält. Das Eintreten und der Verlauf von Ereignissen und Emotionen müssen erahnt und bestätigt werden – wozu es ein Gedächtnis braucht – oder es muss bei einem Missmatch eine Neueinschätzung erfolgen. Diese Prozesse laufen meist unbewusst ab und werden evtl. erst danach bewusst. Stossen Sie z.B. überraschend auf ein Hindernis, so reagiert Ihr Körper blitzschnell, ohne bewusstes Dazutun. Erst danach realisieren Sie, was passiert ist und bewegen sich vorsichtiger (Lernvorgang). Oder: Das Steuern eines Autos ist ein hochkomplexer Vorgang. Trotzdem können Sie ein Gespräch führen oder Ihren Gedanken nachhängen. Doch jede Situation erfordert unterschiedliche Grade an Aufmerksamkeit bzw. ein passendes Erregungsniveau.

3. Wann funktioniert das Hirn optimal?

Das Erregungsniveau, auch Arousal genannt, ist für den Bewusstseinsgrad verantwortlich. Das retikuläre Aktivierungssystem RAS als „Sitz“ des Arousals in der evolutionär ältesten Hirnregion, dem Hirnstamm (Abb. 2), kontrolliert den Bewusstheitsgrad:  Bei keinem oder sehr geringem Arousal befinden wir uns im Koma oder Tiefschlaf, bei sehr hohem Arousal in extremer Angespanntheit, Stress bis hin zur Angst oder Panik. Allein anhand dieser Tatsache wird deutlich, wie zentral das Arousal für unsere Existenz ist!

Das RAS steht zusätzlich mit dem zirkadianen und ultradianen Rhythmus in Verbindung. Wie wir später noch sehen werden, spielt dieser Zusammenhang bei der Neurofeedback-Methode nach Othmer eine herausragende Rolle.

Der zentrale Thalamus – Teil des limbischen Systems – ist dabei die Schaltstelle zwischen dem RAS im Hirnstamm und dem evolutionär jungen Kortex, der Signale vom Hirnstamm erhält um auf Stimuli aller Modalitäten zu reagieren, und von frontalen kortikalen Arealen (Abb. 3).

Abb. 3: Das Arousal wird im Hirnstamm (Brainstem) generiert, der seinerseits externe und interne sensorische Inputs erhält. Hypothalamus – verantwortlich für den Übergang zwischen Schlaf- und Wachzustand – sowie der für den zirkadianen Rhythmus verantwortliche suprachiasmatische Kern SCN im basalen Vorderhirn. Die kognitiven Prozesse im Kortex wirken seinerseits wieder zurück (nicht eingezeichnet).

Das Arousal kann zu hoch sein (Überreaktion, Stress), zu tief (zu träge Reaktion, Tagträumen) oder sich nicht hinreichend flexibel neuen Herausforderungen anpassen. Bei einem optimalen Arousal (Abb. 4) gelingt es dem Hirn eine dynamische Balance zwischen der Erregung und deren Hemmung zu finden, d.h. die Hirnaktivitäten sind optimal reguliert. Genau hier setzt die Neurofeedback-Methode nach Othmer an: Es wird über die oben erwähnte Feedbackschlaufe versucht, Fehlregulationen zu korrigieren. Das Arousal steht mit vielen mentalen und vegetativen Funktionen in Wechselwirkung oder moduliert diese, weshalb ihm eine zentrale Rolle zugeordnet wird und Fehlregulationen als Ursache von neuronalen Störungen angesehen werden (Abb. 5).

Abb. 4: „Inverted U“ des emotionalen Arousals. Im zeitlichen Mittel wird die optimale Leistungsfähigkeit bei einem mittleren Arousal erreicht. Je nach Anforderung muss aber das Arousal flexibel erhöht oder erniedrigt werden können. Nach Othmer existieren im ILF-Bereich mehrere solche „Inverted U“ und es ist die Herausforderung des Therapeuten/Trainers die optimale Reward-Frequenz ORF zu finden, welche dem Leistungsoptimum entspricht.

Abb. 5. Zentrale Regulationsaufgabe des Arousals für kognitive, emotionale und Körperfunktionen: a) Wahrnehmung der Aussenwelt (Exekutive Funktionen wie Kognition, Bewegungsplanung und –aktivierung und Erregbarkeit des Wahrnehmungssystems und b) Wahrnehmung der Innenwelt (Affekt-Regulation, Balance des autonomen Systems und Interopzeption). (Abbildung von S. Othmer aus Unterlagen eines EEG Info-Weiterbildungskurses)

4. Was passiert, wenn dem Hirn über die Sinneskanäle die eigenen neuronalen Aktivitäten zurückgemeldet werden?

In allen Neurofeedback-Methoden – nicht nur bei der Methode nach Othmer – werden dem Hirn dessen neuronalen Aktivitäten über die Sinneskanäle auf bestimmte Art und Weise zurückgemeldet. Die verschiedenen Neurofeedback-Methoden unterscheiden sich u.a. darin, welchen Hirnaktivitäten was und wie zurückgemeldet wird.

Nun wissen wir, dass sich das Hirn wie eine Prognostizier-Bestätigungs-„Maschine“ verhält. Es erkennt sehr rasch, dass die rückgemeldeten Stimuli mit seinen Hirnaktivitäten zusammenhängen, sofern die Neurofeedback-Parameter richtig gewählt werden. Sowohl im täglichen Leben als auch während des Neurofeedback-Trainings erhält das Hirn permanent Rückmeldungen über die Sinneskanäle. Worin liegt nun der Unterschied zwischen dem Alltagsleben und dem Neurofeedback-Training? Während fehlregulierte Hirnaktivitäten im Alltagsleben häufig kein adäquates Feedback erhalten oder diese sogar aktiv unpassende Handlungen anstreben (z.B. Zwangshandlungen) und zudem die Feedbacks teils stark verzögert erfolgen, besteht beim Neurofeedback die Möglichkeit, permanent optimale Feedback-Bedingungen aufrecht zu erhalten und die Rückmeldungen zeitnah zu gestalten. So befinden sich die Hirnaktivitäten während eines Neurofeedbacktrainings im oder nahezu im optimalen Zustand. Das Erreichen eines optimalen Zustandes wird auch in der Ergotherapie durch Anleitung und Ausführung konkreter Betätigungen angestrebt, Insofern ergänzen sich die beiden Methoden Ergotherapie und Neurofeedback in idealer Weise.

Damit aber ein Neurofeedback-Training nachhaltig ist, muss eine weitere Eigenschaft des Hirns hinzukommen: Die neuronale Plastizität und damit verbunden die Lernfähigkeit. Lernen heisst, Neues erfassen und im Gedächtnis behalten, was mit einer (anatomischen) Veränderung des neuronalen Netzwerkes und damit der Konnektivität verbunden ist. Diese Plastizität des neuronalen Netzwerkes macht sich das Neurofeedback zu Nutze. Die Nachhaltigkeit kann anhand von bildgebenden Verfahren wie qEEG, EKP und fMRI bestätigt werden.

5. Auf welche Art und Weise soll das Feedback erfolgen und was ist das Spezielle an der Neurofeedback-Methode nach Othmer?

Die EEG-Elektroden messen Potentialschwankungen an der Hirnhaut, die von der Aktivität von zehntausenden synchron sich entladenden Neuronen stammen. Diese teils rhythmischen, teils chaotischen Fluktuationen (μV bis mV) werden verstärkt und zur Steuerung der visuellen, auditiven und taktilen Stimuli genutzt. Unter Anwendung eines speziellen Analyseverfahrens, der Fast Fourier-Transformation FFT, kann das EEG-Rohsignal in Frequenzbänder aufgeteilt werden (Abb. 6), die in einem gewissen Zusammenhang mit dem Arousal stehen. Die drei Grössen a) Amplitude, b) Änderung der Amplitude und c) Frequenz müssen nun zur Steuerung des Feedbacks verwendet werden.

Abb. 6: A. Quantitatives EEG mit 2D-Darstellung verschiedener Frequenz-bänder (Schädel von oben). B. Charakteristische Fluktuationen der verschiedenen Frequenzbänder (EEG-Spektrum). C. Mentale Zustände bei Dominanz der einzelnen Frequenzbänder.

Wie dies mit dem speziell aufbereiteten Rohsignal geschieht, darin unterscheiden sich die verschiedenen Neurofeedback-Methoden.

Die  neuronalen Aktivitäten im Hirn werden über ein ganzes Spektrum von sich ändernden Frequenzen organisiert. Das Hirn ist ein höchst sensibler Detektor der selbst generierten Frequenzen! Es ist ein Rhythmus-Organ! Damit dies erfolgreich geschieht, sollten sich die neuronalen Aktivitäten in einem sogenannte selbstorganisierten kritikalen Zustand befinden (siehe Kapitel 7 und Seminararbeit und Fallstudie). Das Neurofeedback hilft dem Hirn, dieses Wechselspiel der verschiedenen Frequenzen von neuronalen Aktivitäten zu optimieren.

Abbildung 7: Dr. Siegfried Othmer, Erfinder der Neurofeedback-Methode nach Othmer (links) und Hard- und Software-Entwickler des Cygnet-Systems und CEO der BEE Medic GmbH Dr. Bernhard Wandernoth (rechts) in unserem Praxisraum in Hemberg.

Noch ein paar Bemerkungen zu den Feedback-Stimuli. Um dem Hirn eine Information zu vermitteln, wird die Qualität der Stimuli entsprechend den Hirnaktivitäten verändert, bei visuellen z.B. die Geschwindigkeit, die Bildschärfe, die Helligkeit, die Farbsättigung, die Bildgrösse, etc. (Abb. 8), bei den auditiven die Lautstärke, die Tonhöhe, etc. und bei den taktilen die Vibrationsfrequenz und –stärke. Wie angenehm die Stimuli empfunden werden sollen, hängt mit zwei Ansätzen zusammen: a) Angenehm als Belohnung für erwünschte Hirnaktivitäten bzw. Frequenzen/Amplituden und/oder b) Wechsel von angenehm zu weniger angenehm und vice versa korrespondierend mit Änderungen bestimmter Hirnaktivitäten/Frequenzen/Amplituden. Im Fall a) liegt ein operantes Konditionieren vor, d.h. der Therapeut oder die Software bestimmen, welche Art von Hirnaktivitäten erwünscht sind und setzen entsprechend die Schwellenwerte, im Fall b) haben wir es mit Selbstorganisation zu tun, d.h. dem Hirn wird mit nur wenigen Vorgaben und Einschränkungen (Inhibits) rückgemeldet, was es gerade tut: „Das bin ja ich!“

Interessant ist, dass jene Bildsequenzen der Videos als besonders entspannend wahrgenommen werden, wenn sie eine ausgesprochene räumliche statistische Fraktalität aufweisen (siehe „Seminararbeit und Fallstudie“), wie z.B. natürliche und gewisse kultivierte Landschaften, Pflanzen, historische urbane Gebiete, Gemälde, etc. Analoges gilt zeitlich bei den auditiven und taktilen Feedbacks. Diese statistische Fraktalität zeigt auch das neuronale Netzwerk sowohl zeitlich als auch räumlich!!! (vgl. Kapitel 7 und Seminararbeit und Fallstudie)

Abb. 8. „Inner Tube“ als Beispiel eines visuellen Feedbacks.

Traditionell werden bei EEG-Messungen Signale im Frequenzbereich zwischen 1 und 40 Hz ausgewertet (Hz: Schwingungen pro Sekunde). Die Othmers sind das Wagnis eingegangen – gegen die Kritik der Mainstream-Neuropsychologen – viel tiefere „Frequenzen“ für das Feedback zu nutzen (sogenannte Infra-Low-Frequenzen ILF), so tiefe, dass eigentlich nicht mehr von Frequenzen gesprochen wird, sondern von sogenannten „Slow Cortical Potentials“, d.h. von sich langsam verändernden kortikalen Potentialen. Es wird das extrem langsame Auf und Ab der Potentiale mit Perioden von vielen Minuten zum Steuern der Feedback-Stimuli genutzt. Dazu müssen raschere Fluktuationen nach einem ausgeklügelten Verfahren weggefiltert werden. Die höheren Frequenzen im klassischen EEG-Frequenzbereich werden bei der Neurofeedback-Methode nach Othmer als sogenannte Inhibits genutzt: Zu hohe oder zu tiefe Amplituden („Ausreisser“) werden nicht belohnt, passende jedoch schon. Im ILF-Bereich wird bei der ORF die Regulation dem Hirn überlassen (Selbstregulation, Selbstorganisation), im höheren Frequenzbereich werden nicht alle momentanen neuronalen Zustände zugelassen und entsprechend bleibt die Belohnung aus; die Inhibits bzw. Schwellenwerte werden überschritten. Es wird also im unteren Frequenzbereich (ILF) die Fähigkeit zur Selbstorganisation bzw. die Selbstregulationsfähigkeit gefördert, während im oberen (EEG) operantes Konditionieren angewendet wird. So erhält der Klient bei der Othmer-Methode zwei Arten von Rückmeldungen: Das Auf und Ab der ILF-Potentiale und die „Ausreisser“ von Amplituden bei den höheren EEG-Frequenzen. Mit diesem Ansatz ist es gelungen, eine breite Palette von neurologischen Störungen bei Patienten zu behandeln. Dieser Mix ist ein Markenzeichen der Neurofeedback-Methode nach Othmer.

Abb. 9: EEG-Rohsignal (oben), aufgeteilt in die verschiedenen Frequenzbänder von 1 bis 40 Hz mit sich zeitlich verändernden Amplituden in 3D-Darstellung (Mitte) und (unten) Inhibits mit aktuellen Amplituden (Balken) und dynamisch angepassten Schwellenwerten (blaue Linien). Mit Schiebern kann die „Strenge“ des Rewards und der Inhibits eingestellt werden (links).

Abb.10: Trend von fünf Frequenzbändern Delta, Theta, Alpha, Beta (Gamma fehlt). Im zeitlichen Mittel nehmen die Amplituden bei ausbalancierten neuronalen Aktivitäten von tiefen nach höheren Frequenzen überproportional zu (Elektrodenposition T4-P4 im 10-20-System).

Zentrale Aufgabe der Therapeutin, des Trainers ist es nun, a) die EEG-Elektroden am richtigen Ort zu platzieren, da den verschiedenen Hirnarealen unterschiedliche Funktionen zukommen und b) die optimale Position des Filters bzw. die optimale ILF zu finden. Letztere betrifft das Arousal, das offenbar – wie die Othmers empirisch ermittelt hatten – mit sehr tiefen Infra-Low-Frequenzen (ILF) korrespondiert. Es liegt nun am Neurofeedback-Therapeuten/Trainerin durch Befragung und Beobachtung der Klientin die optimale Reward-Frequenz (ORF) zu finden und so das Neurofeedback-Training bei optimalem Arousal durchzuführen. Wird dies erreicht, ist mit raschen Trainingsfortschritten zu rechnen und die Regulationsfähigkeit der neuronalen Aktivitäten verbessert sich.

Wie bereits erwähnt, basieren die meisten Neurofeedback-Methoden auf einem Frequenzband-Training (δ, θ, α, β, γ), welches als operantes Konditionieren aufgefasst werden kann. Die Fluktuationen von ausgewählten Frequenzbändern müssen sich innerhalb gewisser Grenzwerte bewegen (Inhibits). Trainings bei den SCPs (Slow Cortical Potentials = Langsame Kortikale Potentiale) liegen hingegen weit unterhalb des EEG-Bereichs, während bipolare Trainings die Potentialdifferenz der Elektroden zweier aktiven Areale messen (nicht monopolar des aktiven Areals gegen einen „inaktiven“ Ort).

Abb.11: Die Othmer-Methode stellt die Schnittmenge von drei verschiedenen Neurofeedback-Ansätzen dar: Das Frequenztraining der meisten Neurofeedback-Methoden, das Slow Cortical Potential-Training, welches die Gruppe um Niels Birbaumer in Tübingen praktiziert und das Bipolare Training, das Bestandteil der meisten Neurofeedback-Methoden ist

Die Feedbackparameter wurden zusammen mit der Hard- und Software optimiert und weiterentwickelt. Dies führte dazu, dass mittlerweile Signale in das Training mit einbezogen werden, die bis anhin immer als „Baseline Wander“ weggefiltert wurden, nämlich die ganz tiefen Frequenzen (ILF = Infra Low Frequency). Einzig das Verfahren des SCP Trainings (Slow Cortical Potentials = Langsame Kortikale Potentiale) arbeitet ebenfalls in diesem Bereich.

Das heutige  Othmer-Verfahren stellt eine Kombination aus drei leistungsfähigen Einzelkomponenten dar:

1.Klassisches Frequenzbandtraining im EEG-Bereich von 1 bis 40Hz: Das klassische Frequenzbandtraining ist klarer Bestandteil von Cygnet und dem Othmer-Verfahren. selbst wenn bei niedrigen Frequenzen gearbeitet wird, wird die Dynamik der Feedbackverfahren genutzt; ausserdem sind immer viele individuelle Inhibits am Werke, bis hinauf zu 40 Hz.

2. ILF Training: Die Wirksamkeit der Arbeit im Bereich der langsamen kortikalen Potentiale ist dank der vielen Studien der letzten Jahre inzwischen klar bewiesen.

3. Bipolares Training: Empirische Untersuchungen haben klar gezeigt, dass  Rückmeldungen ans Gehirn, wie die zwei Regionen im Verhältnis zueinander arbeiten, wesentlich effizienter ist als nur die Aktivität einer einzigen anzuzeigen (gemessen gegen „nichtaktiven“ Mastoid). Die meisten Protokolle des Othmer-Verfahrens basieren deshalb auf bipolaren Ableitungen.

6. Welche Trainingsdesigns stehen im Vordergrund?

Ein bedeutender Unterschied zwischen der kognitiven Neuropsychologie und dem Neurofeedback-Methode nach Othmer liegt darin, dass erstere sich vornehmlich am engagierten, letztere am mit sich selbst beschäftigten Hirn interessiert, insbesondere dem Default-Mode-Netzwerk (Abb. 12), welches vor allem im ruhenden und entspannten Zustand aktiv ist, aber auch dem Salient-Netzwerk, welches potentielles Engagement vorbereitet. Besonders aktive und stark vernetzte Neuronengruppen (Hubs) sind bei den wichtigsten Elektrodenpositionen der NFB zu finden. Die Potentialschwankungen dieser Hubs werden bipolar, d.h. paarweise gegeneinander gemessen. Je


nach Befindlichkeit des Klienten werden am häufigsten folgende Elektrodenpositionen gewählt: Temporal rechts (T4) und parietal rechts (P4), temporal links (T3) und rechts (T4), temporal rechts (T4) und präfrontal rechts (Fp2), parietal links (P3) und rechts (P4). Zur Stärkung der Aufmerksamkeit und kognitiven Kontrolle kommt beim engagierten Hirn auch das Biofeedback (pIR) zum Einsatz (siehe Link Biofeedback), welches die Durchblutung präfrontalen Regionen unterstützt (links, Mitte und rechts (Fp1, Fpz und Fp2). Neben den ILF- Trainings kommt oft auch im höheren EEG-Frequenzbereich das sogenannte Alpha-Theta-Training zur Anwendung.

Abb. 12: Das gesamte neuronale Netzwerk setzt sich aus Untergruppen von Netzwerken zusammen, die je nach mentalem Zustand und Engagement besonders aktiv sind. Die NFB hat vor allem die Balance der neuronalen Aktivitäten bzw. Regulation im Default Mode-Netzwerk (DMN) im Fokus, aber auch des Salient-Netzwerkes (links oben). Bevorzugte Elektrodenpositionen der NFB (rechts oben) und die vier Lappen des Kortex‘ (rechts unten).

7. Das Hirn ein Rhythmus-Organ?

Die Funktionsweise des Hirns kann aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden: Es kann interessieren, welche Areale bei welchen mentalen Prozessen und welchem Verhalten aktiv sind und in welche Richtungen der Informationsfluss fliesst. Das Hirn kann aber auch als Rhythmusorgan betrachtet werden, mit dynamisch sich verändernden Frequenzbändern und Amplituden. Diese Perspektive nimmt die NFB ein. Dabei stösst man auf überraschende Gesetzmässigkeiten: Ein ausbalanciertes Hirn befindet sich im sogenannten selbstorganisierten kritikalen Zustand SOC. Lawinenartige neuronale Entladungen wechseln sich ab mit wellenförmigen Fluktuationen. Trägt man die verschiedenen Frequenzen der Frequenzbänder gegen deren Amplituden auf, so erhält man eine 1/f-Charakteristik. Und untersucht man die Struktur des neuronalen Netzwerkes, die eine solche Dynamik hervorbringt, so gleicht sie einem Small-world-, genauer einem fraktalen Netzwerk (Abb. 13) und zeigt eine 1/n-Charakteristik (n: Anzahl Verknüpfungen), d.h. sowohl die zeitliche als auch räumliche Dimension ist skaleninvariant (fraktal); sie zeigen im Kleinen wie im Grossen, bei tiefen wie bei hohen Frequenzen ähnliche Muster. Eine Eigenschaft von fraktalen System ist, dass sich Veränderungen an einer Stelle (Skala) auf das ganze System auswirken können, wobei i.a. die Langsamen (ILF!) und Grossen (Hubs) mehr bewirken als die Schnellen (EEG!) und Kleinen (Neuronen). Die NFB nutzt diese Eigenschaft des neuronalen Netzwerkes, indem sie bei den langsamen ILF-Fluktuationen ansetzt. Diese modulieren die höheren EEG-Frequenzen, die hauptsächlich bei kognitiven Prozessen hervortreten. Interessant ist, dass das Hirn auf seine eigenen langsamen Potentialänderungen äusserst empfindlich und rasch reagiert.

Abb. 13: Fraktales neuronales Netzwerk, links ein schematischer Ausschnitt einer bestimmten Grössenordnung des fraktalen Netzwerkes rechts. Die Grösse der Kugeln repräsentieren das Mass der Vernetzung der verschiedenen Knoten und Hubs.

8. Das synergetische Navigationssystem SNS von Prof. Günter Schiepek (Paracelsus Medizinischen Privatuniversität PMU in Salzburg)

Da wir selber in unserer Praxis für ausgewählte Klientinnen oder Klienten das synergetische Navigationssystem SNS von Professor Schiepek und Mitarbeitern einsetzen und das SNS in Kombination mit dem Neurofeedback als sehr geeignet erachten, soll es hier kurz vorgestellt werden.

Abb. 14: Prof. Günter Schiepek demonstriert 2016 an seinem Institut Dr. Siegfried Othmer und Dr. Bernhard Wandernoth sein computerbasiertes synergetisches Navigationssystem SNS zur Datenerfassung und –aufbereitung von Therapieprozessen.

 Ziel der Neurofeedback-Trainings ist es, die Selbstregulationsfähigkeit des Hirns zu verbessern. Eine Veränderung der Selbstregulationsfähigkeit geht stets einher mit einer Veränderung der Befindlichkeit und des Verhaltens der Klientin. Um jedoch die Neurofeedback-Methode nach Othmer optimal einsetzen zu können, ist es unabdingbar, Kenntnis von der momentanen Wirkung des Trainings und dessen Einfluss auf die folgenden Tage zu haben. Die Befragung der Klienten über deren Befindlichkeit während der vergangenen Woche kann jedoch nicht mehr als bruchstückhafte Informationen über den Zustand des Klienten liefern und gibt keinen Einblick in dessen Dynamik. Die Kenntnis der Dynamik erleichtert jedoch einerseits eine optimale Wahl des Trainingsdesigns (Rewardfrequenz ORF, Elektrodenpositionierungen, Feedbacks), andererseits das Identifizieren von kritischen Phasen bei der Klientin. Mit dem SNS hat nun der Trainer oder die Therapeutin exakt jenes Instrument in der Hand, welches die Lücken zu schliessen vermag.

Das SNS ist ein vielseitig einsetzbares, internetbasiertes Instrument für ein Prozessmonitoring. Es basiert auf der Theorie komplexer dynamischer Systeme, der Synergetik (mehr dazu in „Seminararbeit und Fallstudie) und erlaubt während einer stationären oder ambulanten Therapie Daten von vorzugsweise täglichen Selbstbefragungen (und auch Fremdbefragung) zu erfassen, als Zeitreihen darzustellen und auszuwerten.

Während einer wirksamen Therapie kommt und soll es zu Veränderungen des Verhaltens und der Befindlichkeit kommen. Diese Übergangsphasen – auch kritische Fluktuationen oder Instabilitäten genannt – können  kurzfristig erratisch sein und sollten wie bei Epilepsien oder Erdbeben frühzeitig erkannt werden. Die auf der Basis von selbst erstellten, individualisierten oder/und standardisierten Fragebögen erfassten Zeitreihen werden im SNS speziellen mathematischen Verfahren unterworfen. So erlaubt das SNS z.B. ausgewählte Zeitreihen übereinander zu legen, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Merkmalen eines Therapieverlaufes zu ermitteln, mit der dynamischen Komplexizität (Abb. 15 links oben) kritische Instabilitäten zu identifizieren, mit einem Komplexizitäts-Resonanz-Diagramm von allen Merkmalen besonders kritischen Items ausfindig zu machen (Abb. 15 rechts oben), mittels Recurrence-Plots charakteristische Verhaltens, Denk- und Emotionsmuster zu erkennen (Abb. 15 unten), etc. Die so aufbereiteten Daten werden periodisch gemeinsam mit der Klientin besprochen. Das SNS legt das Schwergewicht auf die Dynamik eines Therapieprozesses bzw. auf Veränderungen.

Das SNS wird detaillierter besprochen in der Seminararbeit mit Fallbeispiel

Mehr zum SNS: http://www.complexity-research.com/snsSynergetik.htm

Abb. 15: Zeitreihe (blau) und dynamische Komplexizität (rot). Man erkennt sofort, dass Mitte August beim Faktor „Emotionen“ eine kritische Instabilität vorliegt. (oben rechts, A). Im Komplexizitäts-Resonanz-Diagramm ist eine Synchronizität zwischen Item 4 und 12 nach etwa 2/3 des Therapieprozesses identifizierbar (rot), jedoch nicht zu Beginn (oben rechts, B). Im Recurrence Plot sind zwei farblich recht klar getrennte Rechtecke zu erkennen, die zeigen, dass beim Item „Existenzängste“ nach etwa 25 Tagen eine Änderung eintritt.      

Ambulante Begleitung eines ADHS-Klienten mit dem synergetischen Navigationssystem SNS und Durchführung von Neurofeedback-Trainings nach der Methode Othmerr

Abschliessend hoffen meine Frau und ich, dass die Neurofeedback-Methode nach Othmer zusammen mit dem synergetischen Navigationssystem von Professor Günter Schiepek im therapeutischen Bereich vermehrt Fuss fassen wird. Aus vielen Jahren Praxiserfahrung wissen wir um die Wirksamkeit des Cygnet-Systems.

Literatur

  • Endogenous Neuromodulation at Infralow Frequencies. S. Othmer, S. Othmer, D. Kaiser, J. Putman. Seminars in Pediatric Neurology (2013)
  • Praxisbuch Biofeedback und Neurofeedback. M. Weidemann et al. Springer (2013)
  • Synergetik in der Psychologie. H. Haken, G. Schiepek. Hogrefe (2006)
  • Integrative Psychotherapy. A Feedback-Driven Dynamic Systems Approacch. G. Schiepek, H. Eckert, B. Aas, S. Wallot, A. Wallot. Hogrefe (2015)
  • Rhythm of the Brain. György Buzsáki. Oxford University Press (2006)