Viele Einzelteile ergeben ein Ganzes. Toggenburger Tagblatt (04.11.2014)

Toggenburger Tagblatt, 4. November 2014, 07:34 Uhr

Viele Einzelteile ergeben ein Ganzes

Die «Paradiesvögel» René Bucher und Liselotte Rittmeyer (aussen) freuen sich über die farbenfrohe Ausstellung der Geschwister Sibylle Gut und Andreas Ambühler in ihrem Haus. (Bild: Thomas Geissler)

HEMBERG. Am Sonntag feierten die Geschwister Sibylle Gut und Andreas Ambühler im «Haus der Paradiesvögel» in Hemberg die Vernissage einer gemeinsamen Ausstellung, mit der sie das Haus mit der kunstvollen Geschichte noch bunter machen.

NADINE RYDZYK

Das «Haus der Paradiesvögel» in Hemberg hat seinen Namen von seinen Bewohnern, Liselotte Rittmeyer und René Bucher, erhalten. Wie Liselotte Rittmeyer erklärt, sind nicht nur am und im Haus sowie im Garten überall sowohl echte Vögel als auch Skulpturen von diesen zu finden, sondern «manchmal sind auch wir die Paradiesvögel». Vor zwei Jahren kaufte das Paar das Haus, das eine durchaus kunstvolle Geschichte hat. So soll kein Geringerer als Friedensreich Hundertwasser 1956 einige Bilder hier gemalt haben. Zeitweise diente das Haus auch als Gemeindebüro und Kinderheim, war aber über weite Strecken auch das Heim diverser Künstler.

Der Kunst verfallen

Sowohl Liselotte Rittmeyer, die schon als kleines Mädchen begann, zu nähen, Schmuck zu basteln und seitdem in vielerlei Hinsicht ihre künstlerische Ader als Hobby ausgelebt und auch diverse Ausstellungen organisiert hat, als auch René Bucher, der in seiner Freizeit gerne malt und Lithographien macht, haben ein Herz, das für die Kunst schlägt. Vor diesem Hintergrund lag es also nahe, das Haus nicht nur zu bewohnen, sondern auch immer wieder für kulturelle Anlässe zu öffnen. Damit begann man bereits im vergangenen Jahr. «Für uns ist das natürlich ein Verlustgeschäft, aber andere fahren für das Geld in den Urlaub und wir machen stattdessen eben ein Kulturprogramm», erzählt René Bucher. Als Pensionäre verwirklichen sich die beiden damit einen Traum. «Es ist uns ein Anliegen, die Kunst und Kultur aus der Region nach Hemberg zu holen, den Kunstschaffenden damit auch eine Plattform zu geben und dabei immer auch besondere Ausstellungen und Anlässe bieten zu können», fasst Liselotte Rittmeyer zusammen. So fand schon eine Wein- und Käsedegustation statt und auch «Knuts Koffer» waren bereits für ein Konzert zu Gast in der Haldenstrasse 3. Nun findet erstmals eine Ausstellung statt. An dieser zeigen die Lichtensteiger Goldschmiedin Sibylle Gut und ihr Bruder Andreas Ambühler ihre Werke. Ins Auge sticht dabei zunächst die Farbenpracht, mit der Andreas Ambühler seine Objekte, Textilien, Bilder und Glasperlenstickereien gestaltet hat. Der ausgebildete Schneider und Designer arbeitete bereits für namhafte Modehäuser rund um den Globus. Mit seiner Schwester in einem künstlerischen Elternhaus aufgewachsen, bestand von jeher der Kontakt zum Kulturschaffen. Und diverse Kulturen sind es auch, die in seinen Objekten entdeckt werden können – sei es in Jacken aus Afrika oder Glasperlenstickereien wie in Lappland. Die Stücke seiner Ausstellung bilden aber dennoch einen zusammengehörigen Satz Requisiten, inspiriert von Gustav Flauberts Romanfigur «Salammbo». «Irgendwie enden die Requisiten immer als Ausstellung», kommentiert der Künstler, dem es auch nicht leicht fällt, Einzelteile des Gesamtpaketes zu veräussern, «denn eigentlich gehört alles zusammen». Viele Einzelteile, die ein Ganzes ergeben, sind auch die Leidenschaft und Profession seiner Schwester Sibylle Gut. Die Goldschmiedin zeigt eine Auswahl an Schmuckstücken aus ihrer Hand und stand bezüglich der Machart und Arbeitsweise bei der Vernissage den Interessierten Rede und Antwort. Auffällig ist, dass sie nicht nur gerne Steine verarbeitet und geschickt mit Metall kombiniert, sondern offensichtlich das Opulente an einem Schmuckstück liebt. «In der Herstellung, aber auch als getragenes Schmuckstück ist gross viel interessanter und spannender als klein», erklärt sie. «Wenn man Schmuck trägt, sollte man diesen auch sehen.» Dabei wandelt sie auch gerne auf der Grenze zur Kunst und schreitet über dieselbe. So hat sie auch Schmuckstücke gefertigt, die so gross sind, dass sie als Objekte gelten, sowie solche, die Kunstwerke sind, aber auch getragen werden können.

Ein Paradies für die Kultur

Als nächstes wird die Formation «Forever Young» von Peter Roth von der guten Akustik im jeweils zu den Veranstaltungen leergeräumten Praxisraum von Liselotte Rittmeyer profitieren und das Publikum begeistern können. Danach zeigt die Künstlerin Veronika Kisling Porträtbilder und Koproduktionen mit ihrer behinderten Tochter Helena, bevor ein Tag der offenen Tür dazu einlädt, mehr über die Arbeit von Liselotte Rittmeyer in der Ergotherapie und im Neurofeedback zu erfahren. Aber auch ein Vortrag zu Paradiesvögeln inklusive einer Paradiesvogel-Bastelstunde für Kinder ist bereits in Planung. Als persönlichen Wunsch möchte Liselotte Rittmeyer auch irgendwann die Arbeiten von der Handweberin Sonja Ambühler, der Mutter der beiden aktuellen Aussteller, präsentieren. «Aber auch die Werke von Carmen Reichberger würde ich gerne in diesem Rahmen zeigen», erklärt sie. Fest steht bereits, dass Thomas Friedl aus Ganterschwil, der bereits viele Vögel im Garten der beiden Kunstfreunde plazieren durfte, eine Ausstellung im «Haus der Paradiesvögel» machen wird.